Alles Banane! Unsere Zeit in Cardwell und Arbeiten auf der Bananenfarm
24 10 2012Am Mittwoch, dem 15.08. fuhren wir mit neuem Auto, vollbepackt bis oben hin mit allem was wir zum Leben auf dem Land brauchen zurück zu Anne und Martin auf den Meunga Creek Caravan Park nach Cardwell. Bis zum Start unseres Jobs auf der Bananenfarm waren noch 4 Tage Zeit, die wir nutzten, unseren Camper gemütlich und wohnlich einzurichten. Wir hatten ihn als früheres Handwerkerauto gekauft und so musste unser neues Zuhause zunächst einer kompletten Grundreinigung unterzogen und danach das Bett eingebaut werden. Die Wände waren mit hässlichen Holzplatten verkleidet, die wir mit Stoff auskleideten und zerkratzte Stellen am Blech mit Farbe ausbesserten. Gut, dass wir Anne und Martin dabei hatten, die die selbe Prozedur bereits mit ihrem Camper durchhatten und uns mit nützlichen Tipps und Werkzeug unterstützten. Nach drei Nächten im Zelt konnten wir endlich unser neues Zuhause beziehen und auf der großen Queen-Size Matratze schlief es sich die erste und alle folgenden Nächte ausgesprochen gut!
Am Montagmorgen fanden wir uns pünktlich 7 Uhr auf der Bananenfarm nahe Cardwell ein. Das Familienunternehmen baut auf 300 Acre bzw umgerechnet ca 121 Hektar Bananen an. Zum Unternehmen gehören noch Zuckerrohr- und Melonenfelder, Rinderfarmen und Werkstätten. Praktisch das ganze Land rund um Kennedy gehört Bush Holdings, und die Familienmitglieder des Großgrundbesitzers thronen in ihren Häusern verteilt auf dem riesigen Areal. Auf der Farm arbeiten ca. 15 festangestellte Einheimische sowie durchschnittlich 25 bis 30 Backpacker, was im Vergleich zu anderen Farmen recht viel ist.
Am Montagmorgen erhielten wir zunächst eine Einweisung in unsere zukünftigen Tätigkeiten durch unsere Chefin Jenny. Wohingegen Heikes Aufgaben in den gesamten 8 Wochen auf der Farm schrecklich eintönig waren, bekam Robbe fast jede Woche etwas Neues zu tun. In den ersten zwei Wochen hing er die Bananenstauden per Druckluft an ein Fließband auf. Weitere 1,5 Wochen fuhr er mit einem Festangestellten die Bananenstauden vom Feld zur Halle. Ab und an wurde er ins Feld geschickt, um die Bananenbäume mit Stricken zu stützten. Die letzten 2 Wochen rutschte er dann endlich in eines der Teams, die die bis zu 60 kg schweren Bananenstauden mit der Machete vom Baum abschlagen und auf der Schulter zum Traktor tragen. Klingt nach schwerer Arbeit? Ist es auch, aber genau das hat ihm trotzdem am meisten Spaß gemacht – mit den Jungs den ganzen Tag draußen zu sein, ab und an Traktor zu fahren und zusammen Spaß zu haben ;-). Unter der ersten richtig schweren Bananenstaude ist er jedenfalls erst einmal zusammengebrochen, haha – das hätten wir zu gerne alle gesehen. Aber nach und nach hatte er den Dreh raus und die schweren Bananenstauden landeten jeweils sicher auf seiner Schulter und später auf dem Anhänger.
Heike dagegen – wie die meisten Mädels auf der Farm – hatte weniger Glück. Bis auf Montag und Freitag, wo es meistens einige Stunden raus ins Feld ging, standen die Mädels die vollen 8 Stunden pro Tag am Fließband und packten die Bananen nach Größe in Kartons ein. Hey, es ist anfangs gar nicht so leicht, Bananen so in Kartons zu packen, dass dieser dann genau 14 kg wiegt und keine Ecke leer bleibt! Aber nachdem hinsichtlich Packtempo und -Qualität alle Rekorde aufgestellt und überboten wurden (30 Kisten pro Stunde waren Pflicht, Heikes Rekord waren 303 Kisten pro Tag bzw. 1006 pro Woche), wurde das Ganze recht schnell schrecklich langweilig und nach 8 Wochen war es mehr als an der Zeit, schleunigst das Weite zu suchen.
An dieser Stelle müssen wir wohl auch nicht erwähnen, dass solche Arbeit das absolute Kontrastprogramm zu allem darstellt hat, was wir bisher gemacht haben. Falscher Stolz oder falsche Vorstellungen davon, dass wir ggf. anders behandelt werden als 19-jährige Backpacker, die gerade vom Abitur kommen, sollte man schleunigst abwerfen, sondern sich darauf konzentrieren, dass man mit solch einem Farmjob in recht kurzer Zeit eine gute Stange Geld verdienen kann und seinen Kindern später in jedem Fall eine Menge zu erzählen hat.
Logisch, dass in den Bananenstauden auch eine Menge Tierchen leben, denen das Zuhause beraubt wird, wenn die Bananen vom Feld in der Halle landen. Von kleinen bis 15 cm großen Spinnen auf den Bananen, die, je nachdem, an wen sie geraten, wahlweise getötet, in die Freiheit entlassen oder mit gepackt werden ;-), konnten wir auch mindestens einmal pro Woche eine Schlange (eigentlich immer Pythons und somit recht ungefährlich), Frösche, Heuschrecken oder Eidechsen bewundern. Gut, dass es einige Schlangenbeschwörer unter den Backpackern gab, die sich diesen Tierchen annahmen. Robbe, der beim Hanging meistens zuerst mit den Schlangen in Kontakt kam, ist definitiv noch nicht soweit, sich um sie zu kümmern ;-)….
Aber nicht nur auf der Farm kamen wir nun „endlich“ in Kontakt mit der wunderbaren australischen Tierwelt. Eines schönen Wochenendes machten wir einen Ausflug nach Mission Beach, einem Touristenort mit einem wunderschönen Sandstrand ca. 50 km von Cardwell entfernt. Unser Auto stand unter einem Baum, die Seitenscheibe einen winzigen Spalt geöffnet, während wir den tollen Strand genossen. Auf der Rückfahrt nach Cardwell, wir waren noch nicht weit gekommen, warf Heike einen Blick Richtung Sonnenblenden und was dort in der Mitte genau über der Lampe saß, ließ sie atemlos „Robbe, halt an, halt sofort an“ schreien. Robbe dachte erst, Heike hat einen Erstickungsanfall oder sonst irgendwelche ernsthaften Probleme, aber als er ebenfalls Heikes Blick folgte, trat er auf die Bremse und wir beide sprangen so schnell aus dem Auto, wie wir es wohl noch nie vorher getan hatten. Zwischen den Sonnenblenden saß eine etwa 18 cm große Spinne, braun, ekelhaft lange, behaarte Beine und schaute uns aus großen Augen an.
Als wir noch diskutierten, wer von uns beiden die Spinne wie da rausholt, verschwand diese plötzlich in einem breitem Spalt zwischen Windschutzscheibe und Dachleder. Mit einem Stock ließ sie sich ebenfalls nicht aus ihrem Versteck hervorholen und nun standen wir da und wussten nicht was zu tun ist. Klar, von der Bananenfarm waren wir mittlerweile an den Anblick von Spinnen gewöhnt, aber dort sitzen sie in gebührendem Abstand auf den Bananen und nicht 30 cm von uns entfernt in unserem Campervan!!!
Was wir auch versuchten, die Spinne kam nicht mehr hervor und unsere Verzweiflung wuchs. Was, wenn sie sich dort einnistet, Eier legt und wir bald zusammen mit 100 Artgenossen das Bett teilen müssen? Oder noch schlimmer: Was, wenn sie giftig ist? Es war zum heulen! In unserer Not fuhren wir zusammen mit der Spinne (ja, stellt euch vor wie sich das wohl anfühlt!!) zum nächsten Supermarkt, um Insektenspray zu kaufen. Gerade als wir reingehen wollten, schloss dieser jedoch wobei wir eh keine Ahnung hatten, ob das überhaupt helfen würde.
Als letzter Ausweg blieb uns nur die Fahrt zu einer Firma, die sich auf Ungeziefervernichtung spezialisiert hatte. Inständig hofften wir, dass wir an diesem Sonntag jemand dort antreffen (Heike war es mittlerweile egal, wieviel das dann ggf. kosten würde, Hauptsache das Vieh kommt irgendwie aus unserem Auto raus), und nach ewiger Sucherei fanden Spinne, Robbe und Heike endlich das Haus, wo wir hoffentlich Hilfe bekommen würden. Glücklicherweise war jemand zuhause und nachdem wir ihm unser Problem schilderten, bekamen wir prompt die Diagnose: In unser Auto hat sich eine sog. Huntsman Spider verirrt. Diese ist absolut harmlos (sie kann zwar beißen aber das passiert selten und falls sie es tut, schmerzt es in etwa so wie ein Wespenstich und ist nicht gefährlich). Der gute Mann erzählte uns, dass die wirklich giftigen Spinnen in dieser Region Australiens nicht klettern können und es sich definitiv um eine Huntsman handeln muss. Wir bekamen dann noch solch unnütze Hinweise, dass die Spinnen bis zu 30 cm groß werden können und dass seine Kindern ab und an mit ihnen hinten im Garten spielen. Ah-ja!
Der entscheidende Punkt jedoch war, dass er uns auch mitteilte, wie wir das Vieh aus unserem Camper wieder rauskriegen, nämlich indem wir uns eine sog. Insektenbombe im Supermarkt für wenige Dollar kaufen und diese im Camper zünden sollten. Gesagt getan! Glücklicherweise fanden wir noch einen Supermarkt, der offen und das Spray verkauft hat, fuhren kuschelig zu dritt zurück zum Campingplatz, räumten unseren Camper nach nur wenigen Wochen Inbetriebnahme schon wieder komplett leer und zündeten die Bombe.
Glücklichweise blieb die Spinne während der 50 km weiten Rückfahrt in ihrem Versteck, aber nun hofften wir, dass sie dort nicht auch stirbt, sondern rauskommt, damit wir ihrem Leichnam leibhaftig sehen und sicher gehen können, dass sie auch wirklich erledigt ist. Und wir hatten Glück im Unglück: Irgendwann sahen wir das Mistvieh, wie es im Todeskampf über unsere Windschutzscheibe krabbelte. Bevor es sich wieder in sein Versteck zurückziehen konnte, ergriff Heike die Initiative und beförderte es raus aus dem Auto. Selbst dann war es noch ekelig schnell, aber hatte gegen das Insektengift letztlich keine Chance. Ihr könnt euch vielleicht vorstellen wie froh wir waren, als diese Geschichte ausgestanden war. Heike recherchierte später noch im Internet und fand heraus, dass sich die Huntsman liebend gern in Autos oder Häuser verirren und Leute schon aus fahrenden Autos gesprungen sein sollen, als ihnen solch ein Tier das Bein hochgekrabbelt ist…
Leider blieb das nicht die einzige Begegnung mit Spinnen während unserer Zeit in Cardwell: Noch zwei weitere Male verirrten sich Huntsman in unseren Van, jedoch nicht bis ganz ins Innere sondern verwechselten den Spalt zwischen Auto und Kofferraumklappe wohl mit einem losen Stück Rinde am Baum und saßen an zwei Morgen darunter. Ein anderes Mal, wir saßen abends gemütlich im Kerzenschein am Tisch, erschrak Robbe über eine über den Tisch krabbelnde Huntsman so stark, dass er mit seinem Stuhl einfach mal nach hinten umkippte. Wir anderen wussten nicht sofort, was los ist, und erschraken wiederum über seine Aktion, bis wir das Vieh auch erspähten und später über die ganze Szene herzlich lachten ;-).
Mit der Arbeit auf der Bananenfarm brach wieder eine neue Periode unserer Reise an. Nach 10 Monaten Urlaub hieß es jeden Tag 5.30 Uhr aufstehen. Nach der ungewohnt körperlichen Arbeit waren wir vor allem zu Anfang nach der Arbeit ganz schön fertig und in der Woche passierte nicht mehr viel. Die Wochenenden waren (endlich mal wieder) Wochenenden, und neben dem obligatorischen Lebensmittel-Shopping in der nächstgrösseren Stadt unternahmen wir Ausflüge und Wanderungen in die nähere Umgebung.
Der letzte Arbeitstag, Freitag, der 12. Oktober, endete für Robbe bzw. speziell für seine große Zehe noch mit einem Besuch beim Arzt. Robbe hatte nämlich an diesem Tag seine Schuhe vergessen (ja, ihr lest richtig…) und arbeitete nur mit Socken. Als er beim Steine- und Stöckeauflesen auf einem Feld auf den Traktoranhänger hochsprang, schnitt er sich am Blech des Anhängers so tief in seine Zehe, dass die Chefin mit ihren medizinischen Fähigkeiten (nicht selten schneiden sich Backpacker aus Übermut mit der Machete oder dem Messer in alle möglichen Körperteile) dann doch am Ende war und mit ihm lieber zum Fachmann fuhr. So durfte Robbe noch einige Stunden mit der unnahbaren Chefin verbringen, die aus dem Nähkästchen plauderte und ihm beim Nähen der Zehe mit einem Stich das Händchen hielt ;-). Mit dickem Verband am großen Onkel trafen wir uns dann alle auf dem Campingplatz wieder und packten an diesem Freitag unsere sieben Sachen, denn es war an der Zeit, zu neuen Ufern aufzubrechen!
Coming next: Eine turbulente Woche – Party mit Hippies, Wassermelonen im Outback und Hillbillies auf dem Kriegsfuß